Es gibt Sätze, die wir im Coaching öfter hören. Einer davon kam mir kürzlich wieder unter:
„Ich weiß eigentlich, was ich zu tun hätte, aber dann ist der Moment da und ich verpasse ihn einfach. Und hinterher weiß ich, jetzt ist es zu spät…“
Diese Aussage traf einer meiner Klienten über sein eigenes Führungsverhalten. Als Niederlassungsleiter eines großen Energiekonzerns hatte er nach einem längeren Aufenthalt in Asien an seinem Wunschstandort in Deutschland die Leitung übernehmen können. Darüber war er an sich sehr glücklich. Gleichzeitig stellte er nach einigen Monaten fest, dass er seinen Mitarbeitern immer wieder die gleichen Dinge sagen musste, ohne dass sich etwas bewegte. Er konnte seine Change-Vorhaben nicht umsetzen und viele notwendigen Verbesserungen fanden einfach nicht statt. Selbst die Zusammenarbeit mit seiner Assistentin blieb bedauerlich ausbaufähig und es schien nicht einmal möglich, das zu besprechen.
In unserer Zusammenarbeit stießen wir schnell auf die Fragen, ob er einfach zu nett sei und warum er sich nicht traute, seine Forderungen klar und deutlich zu äußern und gegebenenfalls auch Konsequenzen anzudenken. Immer wieder passierte es ihm, dass er Missstände zwar wahrnahm, aber nicht an- oder klar aussprechen konnte, selbst wenn er wollte und es auch hin und wieder versuchte. Ein Teil des Themas war die Prägung durch seinen langen Arbeitsaufenthalt in Asien. Dort hatte er nie die Gesamtleitung, sondern führte lediglich einen kleinen Bereich, wo es kulturell bedingt sehr viel um Gesichtswahrung ging und Fehler nur sehr verklausuliert zu Sprache kamen.
Wir haben parallel an der Entwicklung seines Rollenverständnisses gearbeitet. Zusätzlich probierte mein Klient verschiedene Techniken aus, um sich selbst bei der Veränderung seiner Gewohnheiten zu unterstützen. Zwei Dinge haben ihm besonders geholfen: Post-its mit seiner persönlichen Erinnerung, nicht zu nett zu sein und eine konkrete Vorstellung von sich, die wir erarbeitet hatten, nämlich als umsetzungsstarke Führungskraft, die nicht wegschaut, sondert beherzt anpackt und Grenzen setzen kann, wenn es nötig wird.
Oft stellt sich die Frage, wo wir anfangen sollten, um etwas zu verändern. Die Antwort ist immer die gleiche: mit dem ersten kleinen Schritt. Und dann dranbleiben. Jede große schlechte Angewohnheit wird am Leben gehalten durch viele kleine schlechte Angewohnheiten. Vielleicht haben Sie auch schon einmal bemerkt, wie anders ein Tag verläuft, auch mental, wenn Sie morgens die Snooze-Taste Ihres Weckers fünfmal gedrückt haben und Sie von Beginn des Tages an einfach nur Ihrer Zeit hinterherlaufen. Oder wie unangenehm destruktiv es sich anfühlt, wenn Sie gerade auf Diät oder Kaffeereduzierung sind und sich trotzdem den nächsten Schokoriegel oder den dritten Espresso gönnen.
Kleine Erinnerungen sind übrigens der beste Weg, sich selbst bei der Umgewöhnung oder der angestrebten Veränderung zu unterstützen. Und gerade zu Jahresbeginn bietet es sich an, eine Vision in Form eines Jahresmottos zu formulieren. Probieren Sie es einmal aus! Es wirkt wesentlich besser als gute Vorsätze…