Es gibt Sätze, die wir im Coaching öfter hören. Einer davon ist mir kürzlich wieder begegnet:
„Ständig gibt es Veränderungen in unserem Unternehmen. Manchmal kostet mich das zu viel Energie.“
Die Frequenz, mit der uns Neuerungen im beruflichen Alltag fordern, hat sich in den vergangenen Jahrzehnten stetig und nachweisbar erhöht. Ganz zu schweigen von den wie tektonischen Verschiebungen anmutenden Folgen der Pandemie. Vor allem Führungskräfte bekommen diesen Wandel direkt zu spüren, denn sie unterliegen permanent einem doppelten Kraftakt: Zum einen gilt es, in Veränderungssituationen immer wieder einen guten Blick auf die Mitarbeiter und deren persönlichen Umgang mit Veränderungen und Krisen zu haben. Zum anderen ist jeder in der Führungsaufgabe auch selbst gefragt, sich auf Neues einzustellen, einen probaten Umgang mit Veränderungen zu finden, und auszuhalten, dass es häufig Vorgaben oder veränderte Rahmenbedingungen gibt, die man sich selbst anders gewünscht hätte.
Ruhe und Souveränität auszustrahlen, wenn man selbst angefasst, unsicher oder gar überfordert mit einer Situation ist, das kann anstrengend und energieraubend sein. Es gleicht einem Seiltanz, bei dem wir versuchen, die Balance zu halten, während der Wind mal von vorne, mal von der Seite und mal von hinten kommt. Was benötigen wir, was hilft wirklich, um Standfestigkeit auch bei heftigem Gegenwind zu bewahren, um die eigene Haltung in wechselhaften Zeiten aufrechtzuerhalten?
Es ist letztlich das Vermögen, unser Denken gezielt zu lenken, oder anders ausgedrückt: ein ausgeprägtes Mindset, um auch in widrigen Situationen einen kühlen Kopf zu bewahren. Wie kann das gut gelingen, wenn sich permanent die Parameter verändern? Zuerst gilt es, für sich persönlich ein klares Bewusstsein zu schaffen, welche Faktoren der Veränderung ich aktiv beeinflussen kann und welche nicht und darauf aufbauend sich immer wieder der Frage zu stellen, wo der Einsatz von Energie einen wahrnehmbaren Mehrwert bietet. Wind lässt sich nicht aufhalten, ebenso wenig wie zentrale Themen des aktuellen Wandels, zum Beispiel die Digitalisierung, die Einführung agiler Strukturen und alternativer Führungskonzepte. Sie können versuchen, die Geschwindigkeit in Ihrem Einflussbereich zu verlangsamen, aber letztendlich wird der Wettbewerbsdruck dazu führen, dass Sie sich doch anpassen müssen. Während dieses Prozesses des anhaltenden Widerstands aber werden Sie viel Energie investieren müssen.
Die Hoffnung, dass der Wind sich irgendwann wieder legt, ist durchaus berechtigt, genau wie Stürme und Unwetter. Passives Abwarten ist allerdings keine Erfolgsoption und darüber hinaus höchst unbefriedigend. Befriedigender wird es, wenn wir den Wind für uns nutzen. Gerne auch begleitet mit dem berechtigten Satz: What´s in for me? In jeder Entwicklung gibt es etwas für Sie persönlich Positives zu entdecken, vielleicht eine Entlastung, vielleicht neue Wege oder neue Prozesse, deren Einrichtung und Erkundung Spaß macht und sogar einen persönlichen Aufwind einleiten kann. Vielleicht gelingt es Ihnen, das Neue im Sinne einer Anpassung an Ihre Präferenzen zu verändern? Denn viel öfter als wir denken, hält eine unerwünschte Neuerung doch ein paar Vorteile für uns bereit.