Es gibt Sätze, die wir im Coaching öfter hören. Einer davon ist mir kürzlich wieder begegnet:
„Mein Vorstand und ich, wir haben eine gute Arbeitsebene gefunden. Also, im Prinzip funktioniert es zwischen uns…“
So beschrieb mir ein Klient seinen Kontakt zu seinem Vorgesetzten, dem Vorstand eines Konzerns, obwohl er in den Schilderungen diverser Arbeitssituationen sich selbst immer wieder über Reaktionen, Entscheidungen und auch ein distanziertes, nahezu kontaktvermeidendes Verhalten seines Chefs ihm gegenüber wunderte.
„Er schätzt mich schon sehr für meine differenzierte Meinung, auch wenn er manchmal oder eigentlich oft, gerne etwas anderes hören würde. Und mir das auch sagt.“ Auch diese Aussage wurde begleitet von Berichten, wie nicht nur genervt, sondern zunehmend ungehalten sein Vorgesetzter reagierte. Und last but not least gewährte der Vorstand ihm zunehmend noch weniger Zeit für Absprachen. Und wenn, dann auch nur zur Abklärung des Notwendigsten. Er verzögerte und verweigerte Kontakte und war extrem kurz angebunden. Stattdessen wurde ein Coaching angesetzt.
Wir alle wissen, wie schwierig es manchmal ist, die Wahrheit einer Situation zu sehen, gerade wenn wir selbst sie als unangenehm erachten oder sie nicht ertragen möchten. Arbeitsbeziehungen scheitern nur selten an wirklich fachlichen Mängeln oder sachlichen Unzulänglichkeiten. Arbeitsbeziehungen scheitern in der Regel am zweiten Teil des Wortes, nämlich an der menschlichen Beziehung. Deswegen sollten Sie entsprechende Signale immer ernst nehmen. Insbesondere dann, wenn es nicht funktioniert, wenn Kontakt verzögert oder vermieden wird. Und erst recht dann, wenn freundliche oder direkte Hinweise erfolgen, dass die Erwartung eine andere ist. Aussitzen ist in diesen Fällen eine ungünstige Strategie.
Die Beziehung zu einem Vorgesetzten ist keine leichte Übung. Da schwingt meistens viel mit. Gerade, wenn Sie einen neuen Vorgesetzten bekommen, heißt es, sich wieder neu einzulassen, sich auf neues Verhalten und neue Anforderungen einzustellen. Meist ist eben auch gefordert, das eigene Verhalten anzupassen. Wenn Sie schon mehrere Vorgesetzte „überlebt“ haben und auch mit zunehmendem Alter sinkt oft die Bereitschaft, sich wirklich einzulassen und zu erkennen, was zu verändern wäre. Das kann ein fataler Fehler sein und kostet nicht selten einen guten Job. Hüten Sie sich vor der Taktik des dicken Fells! Das hilft vielleicht an einer Beschwerde-Hotline, hier aber nicht. Die Beziehung zu einem Vorgesetzten ist essentiell und immer wert und wichtig, aktiv daran zu arbeiten. Der Vorgesetzte wird letztendlich darüber entscheiden, ob Sie Erfolg haben oder nicht. Aber nicht nur das: Hier geht es auch um Ihren Spaß an der Arbeit und Ihre Gesundheit am Arbeitsplatz. Wenn Sie immer erst einmal gegen Ihren Vorgesetzten ankämpfen müssen, fehlt Ihnen diese Energie an anderer Stelle.